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Insights / Blog / Business

Composable Business: Ein ganzheitlicher Ansatz für Zukunftsfähigkeit im Handel

02. Dezember 2021

Handelsunternehmen, die schnell auf Unvorhergesehenes reagieren können, sind im Vorteil, das hat das vergangene Jahr eindrucksvoll gezeigt. Behalten Händler den Schwung aus der COVID-19-Krise jetzt bei, um eine auf digitalen Geschäftsinitiativen aufbauende Strategie voranzutreiben, können sie langfristig profitieren. Digitalisierung ist dabei nicht als Einzelprozess zu verstehen, der etwa mit dem Einrichten eines Onlineshops abgeschlossen ist. Ist das komplette Unternehmen darauf ausgelegt, digitale Möglichkeiten auszuschöpfen, um dynamisch und agil zu handeln, lässt sich generell schneller und effektiver auf Veränderungen reagieren. Der ganzheitliche Ansatz nennt sich Composable Business – und er löst gleichzeitig einige der ganz spezifischen Probleme der Branche.

Die Anforderungen an E-Commerce haben sich gewandelt – viele Händler hinken in der Anpassung ihrer Systeme und Strukturen aber noch hinterher. Dafür gibt es viele Gründe, und nicht alle davon sind ausschließlich in der IT verortet. Composable Business, ein Konzept, das von Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner geprägt wurde, geht diese Problematik ganzheitlich an, und unterstützt Händler so auch dabei, die branchenspezifischen Herausforderungen gezielt anzugehen:

1. Fehlende „ganzheitliche“ digitale Businessstrategie

Die digitalen Möglichkeiten im E-Commerce sind vielfältig – Einzelmaßnahmen verpuffen jedoch schnell. Was vielen Händlern fehlt, ist eine ganzheitliche Geschäftsstrategie mit klarem Ziel, in der alle Maßnahmen ineinandergreifen.

2. Veraltete IT-Architektur

Die Online-Plattformen der meisten Handelsunternehmen können die Anforderungen des schnell wachsenden und sich stets im Wandel befindlichen E-Commerce-Markts nicht bedienen. Sie wurden auf Basis eines damaligen Stands konzipiert; die veralteten Geschäftssysteme kommen mit aktuellen Anforderungen des Marktes nicht zurecht. COVID-19 hat nun anschaulich gezeigt, wie hinderlich solche starren Lösungen sein können, wenn schnell neue Funktionen umgesetzt werden müssen.

3. Diversifizierung

Unterschiedliche Verticals können meist nicht über eine Plattform abgedeckt werden. Setzt ein Händler also auf Diversifizierung und betreibt mehrere Onlineshops, geht damit ein erhöhter Gesamtaufwand einher: Daten müssen gegebenenfalls manuell zwischen mehreren Systemen ausgetauscht werden; das verlangsamt Prozesse erhöht die Fehleranfälligkeit – und die Kosten, etwa für Softwarelizenzen. Im schlimmsten Fall hat es negative Auswirkungen auf die Endkund:innen, zum Beispiel durch lange Lieferzeiten oder fehlerhafte Bestandsangaben.

4. Variable Prozesse, Pricings und Bestimmungen

Gerade im B2B-Bereich können Verträge, Konditionen und Pricings von Kunde zu Kunde variieren. Agiert ein Händler international, kommen weitere Anforderungen hinzu, etwa unterschiedliche Sprachen, Zoll-, Steuer- und Preisbestimmungen. Sollen diese bei Order Management, Payment und Logistik berücksichtigt werden, muss die E-Commerce-Plattform verschiedene komplexe Prozesse, Regeln und Abhängigkeiten abbilden können und Flexibilität für individuelle Angebote und Pricings ermöglichen.

5. Unterschiedliche Funktionen

Produktinformationsmanagement, Content-Management, Payment Gateways, Kundensupport, Tax Management, Order-Management, Procurement und Fulfillment – es gibt schlicht keine technologische Lösung, die alle individuellen Anforderungen von Händlern zufriedenstellend abdecken kann.

6. Frontend-Flexibilität

Kundenzentrierung ist heute nicht mehr optional – Nutzer:innen haben hohe Erwartungen an Onlineshops und digitale Services. Das gilt längst nicht mehr nur für das B2C-Segment, sondern auch für Businesskund:innen. Neben der reinen Funktionalität ist deswegen auch die Nutzerfreundlichkeit des Frontends entscheidend: Können die Anforderungen und Erwartungen Kund:innen bzw. des Marktes erfüllt werden?

Wie löst Composable Business diese Probleme?

Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Umstellung auf eine modulare Architektur. Denn eine Standardlösung, die alle individuellen Anforderungen abdeckt, gibt es nicht. Modularität ermöglicht es, verschiedene Lösungen und Funktionen individuell nach eigenem Bedarf zu kombinieren, beispielsweise bewährte Open-Source-Systeme und individuelle Entwicklungen.

Mit der IT allein ist es aber nicht getan. Der technische Umbau muss gemeinsam mit einer kontinuierlichen Anpassung der Organisationsstrukturen erfolgen. Nur so können permanent die Anforderungen des Marktes erfüllt und die Nutzer:innen in den Fokus gerückt werden. Denn neben den starren IT-Strukturen behindern häufig auch schwerfällige Unternehmensstrukturen die digitale Transformation.

Composable Business bezieht sich deswegen auf das komplette Unternehmen, von der IT-Struktur über die technologischen Lösungen bis zum Geschäftsverhalten, den Arbeitsweisen und Prozessen und der Informationsnutzung. Das Ziel: das Unternehmen aus weitgehend autonomen, austauschbaren Bausteinen aufzubauen und es so zu mehr Flexibilität und Geschwindigkeit zu befähigen, also zukunftsfähiger zu machen. Damit können sowohl Entwicklungen auf dem Markt, neue technologische Möglichkeiten sowie Verschiebungen im Verhalten oder den Wünschen der Kund:innen abgefangen werden.

Gartner prognostiziert, dass Unternehmen mit einem komponierbaren Ansatz bis 2024 80 % schneller in der Umsetzung neuer Angebote sein werden als der Wettbewerb.

Was spricht also für Composable Business im Handel?

  • Flexibilität bzgl. neuer Funktionen, Drittanbieter und Integration von Systemen, Frontends, Pricings etc.
  • Geschwindigkeit durch iterative Umsetzung und modularen Aufbau
  • Skalierbarkeit
  • Kundenzentrierung
  • Zentralisierung aller Daten, etwa CRM, Produktdaten, Kundendaten
  • Grow-as-you-go: sukzessive Erweiterung möglich, beispielsweise zum digitalen Marktplatz
  • Senken von Kosten und Aufwand

So funktioniert’s: In 4 Schritten zum Composable Business

Bei der Umstellung sind vier Schritte relevant:

  1. (Re-)Design des Geschäftsmodells: schon beim Entwickeln des Geschäftsmodells umdenken, agile Prinzipien berücksichtigen und kollaborativ und funktionsübergreifend arbeiten
  2. Information als Entscheidungsgrundlage: vorhandene Daten optimal gemäß des Geschäftsmodells nutzen und Businessentscheidungen auf den Erkenntnissen fußen
  3. Adaptive Methoden: von kollaborativen und iterativen Methoden und Gestaltungstechniken in interdisziplinären Teams profitieren
  4. Modularisierung der Plattform: Flexibilität und Anpassbarkeit der technologischen Plattform auch für zukünftige Anforderungen durch einen modularen Aufbau ermöglichen

Ein Konzept, das sich in diesem Kontext bewährt hat, ist die Kombination von Design Thinking, Lean Startup und Agile: Bei diesem interdisziplinären Prozess werden Lösungen für komplexe und unlösbar erscheinende Problemstellungen zutage gefördert – und zwar auf technisch machbare, kommerziell sinnvolle und emotional verständliche Weise.

Ausgangspunkt sind der Markt und seine Zielgruppen, also: Mit welchem digitalen Angebot lassen sich die spezifischen Bedürfnisse und Probleme der Kund:innen adressieren? Die erste Umsetzung startet mit einem „Experiment“, sprich einem MVP (Minimum Viable Product). Der Fokus beim MVP liegt auf einem Livegang mit den nötigsten Funktionen; so kann direkt an den Kund:innen getestet und darauf basierend verbessert und erweitert werden. Danach erfolgen dann in kurzen, iterativen und agilen Zyklen weitere Anpassungen, in denen gemessen, gelernt und erkannt wird. Die komponierbare Architektur via APIs ermöglicht es, einzelne Dienste und Elemente unabhängig voneinander weiterzuentwickeln und zu skalieren.

Die Umsetzungsteams agieren dabei kollaborativ, funktionsübergreifend und geschäftsgetrieben; Entscheidungen treffen sie eigenverantwortlich auf Basis von Daten und immer mit Blick auf die Customer Experience.

Dieser Artikel erschien zuerst auf "etailment". Wir freuen uns über Ihr Feedback und das Teilen des Artikels.

Originalbeitrag auf etailment.de