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Die Rolle des Telko-CIO als Treiber des Composable Business

24. Juni 2021

Composable Business ist ein Zusammenspiel der IT-Architektur, den technologischen Lösungen und dem entsprechenden Mindset. Das ermöglicht einen Schub in Richtung Digitalisierung.

Die COVID-19-Krise hat in Telko-Unternehmen Schwachstellen aufgedeckt, die seit Jahren nicht oder zu wenig adressiert wurden. Die Kund:innen erwarten heute von ihrem Provider digitalen Service auf einem Level, wie sie es von anderen Dienstleistungen und Plattformen aus dem Alltag gewohnt sind.

Dies ist ein weiterer Weckruf, die digitale Transformation zu beschleunigen, die auch für Krisenresilienz unverzichtbar ist. Damit ein solcher Umbau allerdings wirklich gelingen kann, muss der interne Wandel über die IT hinausgehen – und gleichzeitig die verschiedenen geschäftliche Ebenen einbeziehen. Das bedeutet auch, dass sich das Rollenverständnis des CIOs ändert. Und da Digitalisierung nun einmal Chef:innensache ist, folgt daraus: Dem CIO kommt nun die Aufgabe zu, dieses Verständnis in die Organisation zu tragen und den Wandel zum Composable Business voranzutreiben.

Einmal digitalisieren und dann dauerhaft profitieren? So einfach funktioniert es in der Praxis leider nicht. Zum einen muss der technische Umbau Hand in Hand mit einer kontinuierlichen Anpassung der Organisationsstrukturen erfolgen. Zum anderen müssen sich digitale Zielarchitektur und geschäftliche Organisation und Prozesse an ihrer Flexibilität messen lassen. Denn ein Communication Service Provider (CSP), der digital erfolgreich sein will, muss auch permanent flexibel sein: Neues schnell umsetzen, anpassen, vielleicht auch verwerfen und etwas ganz anderes probieren. Sowohl eine starre IT wie auch schwerfällige Unternehmensstrukturen stehen diesem Vorgehen im Weg und erschweren es, die Kunden in den Fokus zu rücken. Voraussetzung für die digitale Transformation deswegen: Composable Business. Das bedeutet ein Dreiklang aus Composable Architecture (also der IT-Architektur), Composable Technologies (den technologischen Lösungen) und Composable Thinking (dem entsprechenden Mindset). Composable meint hier: komponierbar, modular, konfigurierbar – und damit flexibel und zukunftssicher.

Modularität und Komponierbarkeit sind wesentliche Voraussetzungen für ein langfristig erfolgreiches, kund:innenzentriertes digitales Geschäftsmodell eines CSPs.

Das bedeutet: Das Rahmenwerk für Composable-Business muss als Aufgabe für das gesamte Unternehmen verstanden werden, nicht nur für die IT. Neben der Entwicklung von Technologieplattformen schließt das auch das Geschäftsverhalten, Arbeitsweisen und -prozesse sowie Informationsnutzung ein. Dem CIO kommt damit eine neue Rolle zu: Als Verantwortlicher für die Umsetzung einer Composable Architecture treibt er auch den Umbau zum Composable Business mit an und wird damit zu einer zentralen Figur für künftige Geschäftserfolge.

Was spricht für Composable Business?

1. Lektionen aus der COVID-19-Krise nutzen

COVID-19 hat – gewissermaßen als Lackmustest – in vielen Bereichen bestehende Probleme sichtbar und ihre Beseitigung akut gemacht. CSPs wird so deutlich aufgezeigt, wo sie hinsichtlich Digitalisierung nachbessern müssen, um zukünftig flexibel auf neue Anforderungen aus dem Markt reagieren, ihre Kund:innen halten und weiter wachsen zu können. Für den CIO lässt sich daraus die Beschleunigung einer digitalisierten Geschäftsbasis durch Entwicklung eines Composable Business als wichtiges Aufgabenfeld ableiten.

    2. Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft

    Auch das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Gartner sagt eine steigende Relevanz des Composable Business voraus. So prognostiziert Gartner:

    • dass Unternehmen mit einem Composable-Ansatz bis 2024 80 Prozent schneller in der Umsetzung neuer Angebote sein werden als der Wettbewerb und
    • dass 80 Prozent der Unternehmen iterative, experimentelle Methodologien wie Design Thinking, Lean Startup und Agilität nutzen werden.

    3. Neue Erfolgsfaktoren für CIOs erfüllen

    Wie schnell kann der CSP zukünftig mit dem Markt wachsen, neuen Herausforderungen begegnen und neue Technologie nutzen? Wie schnell erkennt der CIO solche Entwicklungen und Trends? Wie lange dauert es, bis die IT daraus resultierende interne und externe Anforderungen bedienen kann? Daran wird der CIO mit seiner IT und seinen Teams zukünftig gemessen. Mit dem Composable-Business-Framework kann diesen Herausforderungen besser begegnet werden.

    Von der Composable Architecture zum Composable Business

    Composable Business bedeutet, eine Organisation aus weitgehend autonomen, austauschbaren Bausteinen aufzubauen. Eine solche modulare Struktur befähigt ein Unternehmen, sich schnell an veränderte äußere Einflussfaktoren anzupassen, etwa eine Verschiebung der Kund:innenwerte oder plötzliche Änderungen der Lieferkette oder verfügbarer Materialien, und sich entsprechend rasch umzuorientieren.

    Schritt 1: (Re-)Design des Geschäftsmodells

    Der Wandel zu einer agilen Vorgehensweise bei der Entwicklung des Geschäftsmodells, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können.

    Schritt 2: Information als Entscheidungsgrundlage

    Mit Information als Basis für smarte Entscheidungen neue Dienstleistungen und Produkte entwickeln.

    Schritt 3: Adaptive Methoden

    Nutzen iterativer und kollaborativer Arbeitsmethoden und Gestaltungstechniken in interdisziplinären Teams.

    Schritt 4: Modularisierung der Plattform

    Technologische Plattform flexibel und adaptierbar machen: durch einen modularen Aufbau, der Wandel, schnelle Implementation und das Verknüpfen bestehender, neuer und zukünftiger Lösungen ermöglicht.

    Die Umsetzung: Innovation durch Design Thinking, Lean Startup & Agilität

    Design Thinking ist ein interdisziplinärer Prozess, der Lösungen für komplexe und nahezu unlösbare Problemstellungen auf technisch machbare, kommerziell sinnvolle und emotional verständliche Weise zutage fördert.

    Auf den ersten Blick mag dieser Ansatz abschreckend (weil aufwendig) wirken, aber: er ermöglicht eine schwellenarme, iterative Umsetzung. Ein CIO muss nicht sofort für die finale Lösung sorgen, sondern dafür, dass die IT dynamisch adaptiert wird und zukünftig mehr Flexibilität ermöglicht. Und dazu gehört eben auch: im Unternehmen sensibilisieren für die Bedeutung des Composable Business. Es geht darum, Teams aufzubauen, die Lösungen agil entwickeln, kombinieren, neu bauen und eigenverantwortlich entscheiden können – und zwar immer auf Basis von Daten und mit Fokus auf Customer Experience.

    Das bedeutet auch: Der CIO selbst muss nicht zwingend alles selbst entscheiden, das übernimmt gegebenenfalls sein Team. Wichtig ist nur, dass er im Sinne agiler Arbeitsmethoden regelmäßig im Austausch ist, nicht nur mit seinem Team, sondern auch mit seinem CEO und dem Unternehmensmanagement. Seine Rolle in der Organisation geht also über die Verwaltung seiner IT hinaus: er ist ausschlaggebend mitverantwortlich für den Erfolg des Unternehmens. Mit der Umsetzung von Composable Architecture und Composable Technologies regt er zugleich auch Composable Thinking an – und leitet damit wichtige Schritte in Richtung eines komponierbaren Unternehmens ein.

    Damit dieser Ansatz funktioniert, müssen Teams kollaborativ, funktionsübergreifend und im Optimalfall auch geschäftsgetrieben arbeiten.

    • Ausgangspunkt ist immer der Markt und seine Zielgruppen: Was sind die Probleme und Bedürfnisse der Kund:innen? Welche digitalen Dienste wären genau darauf die Antwort?
    • Die Antworten sind kurz, iterativ und agil: Ein Service oder Produkt geht früh mit den nötigsten Funktionen live und kann schnell direkt an den Kunden getestet und darauf basierend evaluiert und verbessert werden.
    • Dank Composable-Architektur und Container-Infrastruktur ist der Ausbau der Lösung unkompliziert: einzelne IT-Dienste können via APIs unabhängig voneinander weiterentwickelt und skaliert werden.

    Das Ergebnis: schnelle Time-to-Market, hohe Qualität und unkomplizierte Erweiterung der technologischen Lösung.

    Composable Architecture: modular, flexibel, skalierbar

    Silos und eine starre Architektur bremsen die Digitalisierung. CSPs sind jedoch monolithisch gewachsen; Daten aus beispielsweise Produktkatalogen, Vertragsmanagement oder Payment und Bonitätsprüfung sind nicht verknüpft. Bei der Umsetzung einer flexiblen Microservice-Architektur ist es wichtig, solche Silos aufzubrechen und Altsysteme schrittweise in innovative Lösungen zu integrieren – üblicherweise über APIs und Konnektoren.

    Ein konkretes Beispiel, wie sich eine solche End-to-End-Digitalisierung der Prozessketten technisch TMF-konform umsetzen lässt, ist – neben einigen anderen möglichen Lösungen – das sogenannte Decoupling eines kund:innenorientierten Frontends vom Backend-Layer. Das TeleManagement Forum (TMF) ist ein gemeinnütziges globales Konsortium, das sich mit Telekommunikationsmanagement und der Entwicklung von Managementsystemen und -standards beschäftigt.

    Die Vorteile:

    • Steigern essenzieller KPIs: Produktivität, Effizienz, Qualität, Time-to-Market
    • unterschiedliche interne Teams sorgen für mehr Geschwindigkeit, durch modulare Aufteilung einzelner Elemente
    • flexible Gestaltung von Touchpoints zu Kund:innen
    • personalisierte Kund:innenerlebnisse
    • Freiheit zum Ausprobieren und Testen
    • Agilität
    • effizientere Skalierung der Performance

    Fazit

    Modularität und Komponierbarkeit sind wesentliche Voraussetzungen für ein langfristig erfolgreiches, kund:innenzentriertes digitales Geschäftsmodell eines CSPs. Gelingt es dem CIO, dieses Verständnis aus der reinen IT-Umgebung auf alle Prozesse und in die gesamte Organisation zu tragen, gibt er seinem Unternehmen einen entscheidenden Schub in Richtung Digitalisierung – und so vielleicht auch einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

    Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin "ComputerWeekly". Wir freuen uns über Ihr Feedback und das Teilen des Artikels.

    Originalbeitrag auf ComputerWeekly.com