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Insights / Blog / Inside AOE

Wie Sie mit nur fünf Testern all Ihre Usability-Probleme aufdecken

02. November 2018
Jan VölkerJan VölkerUX Architect

Usability Testing kostet ein halbes Vermögen und danach weiß man genau so viel wie zuvor. Nicht ganz! Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit einer Handvoll Personen Usability-Probleme aufspüren – und das im Handumdrehen.

Das Usability Testessen

Am 16. Oktober lud AOE Firmen und freiwillige Tester zum Usability Testessen nach Wiesbaden ein. Das Open Source Event findet regelmäßig in über 20 Städten statt und ermöglicht es, mitgebrachte Produkte mittels Thinking Aloud auf Usability zu prüfen. Nebst Pizza und kühlen Getränken werden nach dem Speed-Dating-Prinzip die Produkte durch die Tester bearbeitet. Alle zwölf Minuten rotieren die Tester und bekommen eine neue Testaufgabe. Am Ende des Abends wurde jedes Produkt von sechs Probanden getestet.

Warum es sich lohnt, auf Usability zu achten

Den gesuchten Kopfhörer im Onlineshop nicht gefunden. Bei der dritten Eingabe der Kreditkartendaten wieder alles neu eingeben. Der Kaufen-Button nicht auffindbar. In solchen Momenten verlieren Ihre User Sympathie und Vertrauen hinsichtlich Ihres Produkts – und Sie bares Geld. Es lohnt sich, die Usability Ihrer Produkte zu prüfen und zu pflegen. Und das ist gar nicht so schwer.

Sarah Kay

Sarah Kay

UX Architect / AOE
Das Testessen hat uns wertvolle Insights geliefert, die wir anschließend unserem Kunden vorgestellt haben. Die Testergebnisse stützen unsere Empfehlungen, erleichtern die Kommunikation mit unserem Kunden und verbessern die Benutzerfreundlichkeit.

Die Methode: Thinking Aloud

Mit „Thinking Aloud” möchten wir Ihnen den Superstar der Usability-Testmethoden vorstellen. Die Durchführung ist unkompliziert, bedarf wenig Vorbereitung und liefert als qualitative Testmethode aussagekräftige Ergebnisse.

Was testet man?

Bereiten Sie für Ihre Probanden eine Aufgabe vor, die relevante Elemente Ihres Produkts auf die Probe stellt. Hier ein paar Beispiele:

  • „Kaufen Sie den teuersten Rotwein.”
  • „Finden Sie den Durchmesser der großen Pizza Funghi heraus.”
  • „Mieten Sie ein Tesla für dieses Wochenende.”

Wählen Sie eine möglichst überschaubare Aufgabe,die für einen Probanden in angemessener Zeit zu bewältigen ist.

Haben Sie kein fertiges Produkt, sind Prototypen jeglicher Art ebenso zweckgemäß. Mit skizzierten Wireframes oder digitalen Click-Dummies können Sie genauso gut herausfinden, ob eine Idee oder ein Konzept grundsätzlich funktioniert.

Bernhard Behrendt

Bernhard Behrendt

Software-Entwickler / AOE
Beim Testessen bemerkten wir, dass unsere Rabattaktionen den Benutzer mehr verunsichern als animieren: Der teurere Preis musste ausgewählt werden, um den Rabatt zu erhalten. Wir werden jetzt den vergünstigten Preis auffälliger darstellen und den regulären durchgestrichen anzeigen.

Bitte denken Sie laut

Als Testleiter sorgen Sie dafür, den Redefluss Ihres Probanden während der Durchführung aufrecht zu erhalten: Alles, was diesem in den Sinn kommt, soll ausgesprochen werden – denken Sie laut! Manchmal ist es knifflig, einen Probanden nicht zu beeinflussen, um unverfälschte Ergebnisse zu erhalten – eine Fähigkeit, die leicht zu erlernen ist und sich mit etwas Erfahrung verbessert.

User und ihre Erwartungen

Achten Sie darauf, wo es klemmt. Wo wird etwas erwartet? Wo wird etwas Anderes erwartet? Aussagen wie: „Wo ist denn hier der Zurück-Knopf?“, „Hier hätte ich jetzt gedacht, ein Suchfeld zu finden“, „Was ist denn jetzt gerade passiert?“, geben Ihnen wertvolle Einblicke in die Köpfe Ihrer User. Und spätestens der dritte Proband, der an der gleichen Stelle wie seine Vorgänger feststeckt, zeigt Ihnen, wo Sie genauer hinsehen sollten.

Usability Testessen – Pizza, Bier und Prototypen

Nachfolgend ein paar Impressionen vom Usability Testessen bei AOE in Wiesbaden in unserem Video. Sechs Probanden testen alle Produkte – aber Networking, Spaß und Pizza kommen auch nicht zu kurz!

Anne Krones

Anne Krones

Product Owner / AOE
Beim Testessen haben wir festgestellt, dass unser Ansatz von den Anwendern nicht verstanden wurde. Zu dieser Erkenntnis zu gelangen, bevor wir eine Zeile Code geschrieben haben, hat uns und dem Kunden viel Geld und Zeit gespart. Ganz im Sinne von „Fail fast, fail often, fail cheap

Sind fünf Personen wirklich genug?

Sollten Sie sich fragen, ob Sie mit nur fünf Personen wirklich alle Usability-Probleme finden, können wir Sie beruhigen: Basierend auf empirischen Untersuchungen der Nielsen Group lassen sich mit nur fünf Probanden über den Daumen gepeilt 85 Prozent der Usability-Probleme finden. Mit zehn Personen wird diese Quote auf zirka 98 Prozent erhöht.

Sie müssen nicht mit zehn Personen auf einmal testen, um Ihre Ergebnisse zu verbessern. Testen Sie einfach mehrfach – die Methode ist unkompliziert. Nutzen Sie Kollegen, Freunde, Verwandte und Passanten. Testen Sie unterschiedliche Parts Ihres Produkts. Wiederholen Sie den Test mit jeder neuen Version. Digitale Produkte entwickeln sich meist naturgemäß weiter – haben Sie ein Problem erkannt, versuchen Sie, es zu beheben und machen Sie eine weitere Thinking-Aloud-Session.

Auch die Nielsen Group empfiehlt, so häufig wie möglich kleinangelegte Tests durchzuführen und geht sogar so weit, großangelegte Untersuchung als Ressourcenverschwendung zu bezeichnen. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass Thinking Aloud kein Allheilmittel ist, das alle anderen Methoden überflüssig macht oder alle Aspekte der Usability beleuchtet – aber, wenn Sie Usability bisher nicht testen, dann nutzen Sie Thinking Aloud. Warum nicht einfach jetzt mit dem Kollegen der neben Ihnen sitzt?