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Insights / Blog / Agilität & Organisation

„A Bag full of Trust“: Warum Vertrauen so wertvoll für (agile) Unternehmen ist

03. Dezember 2018

Warum ist Vertrauen so wertvoll, insbesondere für agile Unternehmen? Wie fördert man Vertrauen in der Praxis? Agile Coach Christof Braun beschreibt die essentiellen Vorteile von Vertrauen anhand des Wheel of Trust Modells, gibt Best-Practice-Beispiele aus der agilen Unternehmenskultur bei AOE und zeigt, wie man verlorenes Vertrauen zurückgewinnen kann.

Was heißt Vertrauen eigentlich? In seinem Vortrag sagte Christof dazu: „Vertrauen ist, wenn man von Verwundbarkeit ausgeht und eine optimistische Erwartung an jemand anderen hat.“

Vertrauen ist nicht selbstverständlich und hat mit dem Menschenbild zu tun. Im agilen Umfeld geht man von einem positiven Menschenbild mit intrinsisch motivierten Mitarbeitern aus, die einen aktiven Beitrag zur Unternehmensentwicklung beitragen wollen. In agilen Organisationen arbeiten Teams selbstorganisiert und treffen auch selbstständig Entscheidungen. Höhere Management-Ebenen sind für die Produktvision verantwortlich, die einzelnen Maßnahmen zur Erreichung der Produktvision werden jedoch von den Teams entschieden. Entsprechend ist Vertrauen in die Mitarbeiter der Teams und deren Entscheidungen eine Grundvoraussetzung. Dies gilt auch für das Vertrauen der Mitarbeiter untereinander sowie das Vertrauen der Mitarbeiter in die Führungskräfte.

Präsentation „A bag full of trust“

Im nachfolgenden Video könnt ihr euch die gesamte Keynote-Präsentation von Christof Braun bei der AOE Conference 2018 anschauen. Die Präsentationsfolien ihr hier auf Slideshare.

Doch Vertrauen in die Mitarbeiter ist nicht nur eine Grundvoraussetzung für ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis im Unternehmen. Vertrauen trägt in einem ganz erheblichen Maß zur aktiven, flexiblen und produktiven Zusammenarbeit bei. Konkret ermöglicht Vertrauen ganz wesentliche Unternehmensfunktionen:

  • Teamwork: Vertrauen verbessert die Zusammenarbeit innerhalb der Teams, mit Partnern und Kunden. Wenn jeder in einem Team weiß, dass man sich aufeinander verlassen kann, dann ist die Zusammenarbeit deutlich schneller und ehrlicher. Man zieht einfach am selben Strang und kann so bessere Ergebnisse erzielen.
  • Delegieren: Vertrauen erlaubt Delegieren, und zwar nicht das Delegieren von Aufgaben, sondern das Delegieren von Entscheidungen. Selbstorganisierte Teams entscheiden selbst über die Aufgaben, die sie ausführen – vorausgesetzt, dass die Ziele klar sind und die Entscheidungsgewalt beim Team liegt. Wenn nicht jede Entscheidung über mehrere Management-Ebenen abgesegnet werden muss, sondern direkt von den Experten im Team getroffen werden kann (die sowieso tiefer in der Materie sind und besser entscheiden können), macht dies das Unternehmen erheblich schneller und flexibler. Dieses Vertrauen und Loslassen der Entscheidungsgewalt durch die Führungskräfte ist für diese meist nicht einfach und ein Prozess, der gelernt werden muss.
  • Experimentieren: Vertrauen ermöglicht Ausprobieren, Testen und Experimentieren. Experimentieren heißt Aufstellen und Validierung von Hypothesen, was insbesondere in agilen Methoden wie beispielsweise Lean Startup häufig verwendet wird. Die Erkenntnisse aus diesen Experimenten sind für Unternehmen sehr wertvoll und können sofort ins Produkt übernommen werden. Experimentieren macht Unternehmen und Produkte extrem flexibel und minimiert Schwierigkeiten in der Produktentwicklung. Für die Mitarbeiter ist es insbesondere wichtig zu wissen, dass fehlgeschlagene Experimente keine negativen Konsequenzen haben werden, sondern Fehlschläge Teil von Experimenten sind und wichtige Erkenntnisse für die Produktentwicklung liefern.
  • Feedback: Vertrauen veredelt Feedback innerhalb des Teams. Nur in einem vertrauensvollen Umfeld wird es auch wirklich ehrliches Feedback gegeben. Kritik muss dabei erwünscht sein und ausgehalten werden, was nicht immer leicht ist. Am Ende des Tages ist jegliches Feedback jedoch wertvoll für das Team und die Zusammenarbeit und damit auch für das Unternehmen.
  • Produktivität: Wie in den vorherigen Punkten bereits angesprochen, macht Vertrauen organisatorische Systeme deutlich produktiver. Vertrauen ist damit ein erheblicher wertschöpfender Faktor, da Unternehmen durch vertrauensvolle Zusammenarbeit an Flexibilität und Geschwindigkeit gewinnen und Kosten senken können. Vertrauen zahlt damit ganz konkret in monetäre Ziele ein.
Christof Braun

Christof Braun

Agile Coach
Vertrauen ist, wenn man von Verwundbarkeit ausgeht und eine optimistische Erwartung an jemand anderen hat. Gehen Sie Ihre vertrauensvollen Beziehungen mit Bedacht an und es könnte eine Vertrauenskultur entstehen!

Das „Wheel of Trust“ in C

Vertrauen ist also in vielfacher Hinsicht ein wichtiger Faktor für kollaboratives Arbeiten in Unternehmen. Dafür müssen die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in Teams zu ermöglichen. Einige der wichtigsten Voraussetzungen werden im „Wheel of Trust“ beschrieben: Klarheit, Verbindungen, Kompetenz, Anteilnahme, Konsistenz und Bestätigung. 

Clarity / Klarheit

Klarheit zeichnet sich durch Transparenz und Aufrichtigkeit aus. Wichtig dabei ist ein hohes Maß an Kommunikation, ein ehrlicher Umgang und faktenbasierte Entscheidungen. Sag was du meinst – meine was du sagst! Erkläre offen deine Absicht! Fördere Klarheit durch minimale Zugangsrestriktionen für Mitarbeiter bis hin zu öffentlichen Meetings (z. B. durch das Teilen von Protokollen oder Videomitschnitten, Wikis, Finanzdaten etc.).

Beispiele aus der Praxis: Bei AOE haben wir jeden Montag ein Weekly, bei dem kurz aktuelle Themen vorgestellt werden, u. a. auch Unternehmenskennzahlen und in welche Richtung das Management-Team das Unternehmen weiterentwickeln möchte. In unserem Wiki sind jede Menge Informationen einsehbar.

Connection / Verbindungen

Kenne deine Kollegen und betone Gemeinsamkeiten und gemeinsame Interessen. Mitarbeiter sind soziale Wesen mit jeweiligen Stärken und Schwächen – wenn diese bekannt sind, kann man wesentlich besser mit der jeweiligen Situation umgehen. Unternehmensevents und Teamevents stärken die Verbindungen innerhalb des Teams, das schafft Vertrauen. Gemeinsame Ziele und Werte, Pair Working oder ein Community of Interest „Gemeinsame Team-Interessen“ unterstützen vertrauensbildende Maßnahmen.

Praxisbeispiele bei AOE: Wir veranstalten mehrere sehr aufwändige Teamevents für das gesamte AOE-Team, u. a. eine komplett vom Unternehmen bezahlte Skifreizeit für alle Mitarbeiter – eine teure, aber lohnende Investition, obwohl wir in den letzten fünf Jahren von ca. 60 auf 300 Mitarbeiter angewachsen sind. Darüber hinaus hat jedes Scrum-Team ein Budget für eigene Teamevents, um den Zusammenhalt in den einzelnen Teams zu stärken. Für den Austausch zu bestimmten Themen können unsere Mitarbeiter eigenverantwortlich Usergroups und Community of Interests bilden. So hosten wir regelmäßig verschiedene externe Usergroups zu Tech- und agilen Themen.

Competence / Kompetenz

Gib Mitarbeitern den Raum und die Möglichkeiten, ihre Kompetenzen ins Team und das Unternehmen einzubringen. Einen aktiven Beitrag zum Unternehmenserfolg beizutragen, verbindet und wirkt motivierend. Lernen ist ein wichtiger Faktor sowohl bei der Persönlichkeitsentwicklung als auch in der Produkt- und Unternehmensentwicklung. Entsprechend sollte eine Lernkultur etabliert und gefördert werden. Beispielsweise können über Retrospektiven und Feedback kontinuierliche Verbesserungsprozesse (Continuous Improvement) etabliert werden. Interner Know-how-Transfer und Teamkommunikation können über Demos oder interne Messen gefördert werden, Slacktime ermöglicht den Mitarbeitern eigenständige Kompetenzentwicklung.

Bei AOE sind Retrospektiven regelmäßig gelebter Teil unserer agilen Unternehmenskultur, sie helfen den Teams bei der Entwicklung und Orientierung. Einige Kunden haben mehrere Scrum-Teams, diese updaten sich in internen Review-Messen, in denen die einzelnen Teams ihre Entwicklungen wie auf einer Messe präsentieren. Die persönliche Kompetenzentwicklung fördern wir mit einem persönlichen Weiterbildungsbudget in Höhe von 2.000 Euro pro Mitarbeiter und Jahr, das jeder Mitarbeiter für den Besuch von Konferenzen und ähnlichem verwenden kann.

Compassion / Anteilnahme

Begegne deinen Mitarbeitern und Kollegen mit Empathie und Wohlwollen. Höre zu und stelle ihre Interessen vor den eigenen. Zeige Emotionen, frag nach Hilfe und Entschuldige dich wenn nötig. Noch wichtiger: Lobe! Kudos und positives Feedback wirken mehr als monetäre Anreize! Achte dabei auf gewaltfreie Kommunikation.

Beispiele bei AOE: Wir haben eine Kudos-Wall, wo man seinen Kollegen einfach mal ein Dankeschön auf eine Karte schreiben kann. Kostet nix, bringt Sonne in den Tag. In unserem Chat-Tool Mattermost haben wir einen Whisperchannel eingerichtet, in dem AOE-Mitarbeiter auch anonym Feedback geben können. Nicht jeder Kommentar in diesem Channel wird angenommen, aber es wird zumindest diskutiert; Dinge können klargestellt und erklärt werden. Auch bei der Gestaltung des Unternehmens können unsere Mitarbeiter aktiv mitwirken. So haben wir ein- bis zweimal im Jahr einen Open Friday, bei dem alle Mitarbeiter im Barcamp-Format Verbesserungsvorschläge zum Unternehmen einbringen, diskutieren und umsetzen können.

Consistency / Konsistenz

Sei konsistent in deinem Verhalten. Integrität und Vorhersehbarkeit sind wichtig für vertrauensvolle Zusammenarbeit. Praktiziere was du sagst. Formuliere Verpflichtungen nur, wenn du sie auch einhalten kannst. Kommuniziere klare Ziele und Werte und lebe diese. Halte die Kommunikation aufrecht und gebe offen Fehler zu.

Die Praxis bei AOE: Wir legen großen Wert auf unsere agile Firmenkultur und pflegen diese aktiv, durch teaminterne Kommunikation, Communities of Interest und ähnliches. Dazu haben wir einen „Kulturbeauftragten“; unser Mitarbeiter Alex wurde explizit für die Pflege und Weiterentwicklung unserer Firmenkultur und die Erstellung eine AOE Culture Books eingestellt. Bei einer unserer Weihnachtsfeiern haben wir als Teamevent unsere Firmenkultur in einem gemeinschaftlich erstellten Gemälde festgehalten, das heute in unserer Eatery hängt und unsere Firmenkultur visualisiert.

Confirmation / Bestätigung

Tue anderen Gutes ohne etwas dafür zu erwarten – einfach, weil du es kannst. Irgendwann wird dir auch jemand etwas Gutes tun. Zelebriere gemeinsame Erfolgserlebnisse. Lobe und empfehle deine Kollegen. Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst, und gib deinen Kollegen und Mitarbeitern einen Vertrauensvorschuss. Wer gibt, dem wird gegeben.

Beispiele von AOE: Wir bieten unseren Mitarbeitern eine Vielzahl an Benefits, so dass sich unsere Mitarbeiter von Anfang an wohlfühlen. AOE CEO Kian Gould hat mal formuliert, dass jeder Mitarbeiter einen Eimer voll Vertrauen zur Einstellung geschenkt bekommt – dieses Vertrauen wird von unseren Mitarbeitern sehr wertgeschätzt und durch gute, aktive Teamarbeit zurückgegeben. Aber auch die vielen Kleinigkeiten versuchen wir regelmäßig zu würdigen – und wenn es nur eine lobende Erwähnung im Weekly ist.

Umgang mit Vertrauensbrüchen – und wie man verlorenes Vertrauen zurückgewinnen kann

Auch bei einer noch so offenen und transparenten Unternehmenskommunikation kann es zu Vertrauensverlusten kommen, durch welche Vorfälle auch immer. Vertrauen geht leider viel schneller verloren, als man es aufbauen kann. Was also tun, wenn ein Vertrauensverlust entstanden ist?

Das wichtigste Hilfsmittel ist: Kommunikation! Sprecht offen darüber, warum wie gehandelt wurde, welche Fehler begangen wurden und achtet dabei auf gewaltfreie Kommunikation. Wurde bewusst oder unbewusst gehandelt? Bei unbewusster Handlung, was kann man aus den Vorfällen lernen? Bei bewusster Handlung, welche Konsequenzen müssen daraus gezogen werden. Konsequenzen müssen vor allem für die Verantwortlichen des Vertrauensbruchs gezogen werden, es sollten keine generellen Konsequenzen für Unbeteiligte gezogen werden.

Für jede Kritik an einem Mitarbeiter muss man mindestens fünfmal so viel loben!

Das Bewusstmachen und die Kommunikation des Bewusstseins von Vertrauensbrüchen ist dabei ein wichtiger Schritt, der auch genauso an die Belegschaft kommuniziert werden muss. Das Eingestehen von Fehlern und das Entschuldigen dafür ist nicht einfach, da dies oft mit Schwäche und Fehlverhalten assoziiert wird – es zeugt aber viel mehr von Charakter und Größe, eigene Fehler einzugestehen und daraus die entsprechenden Lehren und Konsequenzen zu ziehen. Fehler passieren sowieso jedem Menschen, insbesondere in unbekanntem Terrain wie z. B. der Weiterentwicklung von Produkten und Unternehmen, es geht folglich lediglich um den Umgang mit Fehlern.

Mithilfe des „Wheel-of-Trust-Modells“ kann man herausfinden, an welcher Stelle die Probleme aufgetreten sind. Wenn die Problematik identifiziert und bewusstgemacht wurde, fällt ein bewusster Umgang mit dem Problem und ein Beheben der Problematik deutlich leichter. Nichtsdestotrotz bedarf es nach Vertrauensbrüchen vor allem auch Geduld, bis das Vertrauen wiederhergestellt ist.

Tipps für eine Vertrauens-Strategie

Wie kann man Vertrauen in die Unternehmensstrategie einarbeiten? Wir bei AOE arbeiten regelmäßig aktiv an unserer agilen Unternehmenskultur und an der vertrauensvollen Zusammenarbeit in unseren Scrum-Teams sowie der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Einige Tipps: 

  • Habt den Mut, Mitarbeitern und Teams einen Vertrauensvorschuss zu geben! Vielleicht klappt es nicht immer und manchmal geht etwas schief, aber insgesamt sind wir überzeugt von einem großen Gewinn für alle Seiten!
  • Achtet aktiv und regelmäßig auf das Vertrauen in die Kollegen und Mitarbeiter! Füllt regelmäßig Vertrauen nach mit entsprechenden Maßnahmen bevor sich die Tüte leert – verlorenes Vertrauen lässt sich viel schwerer zurückgewinnen, als es zu halten.
  • Kontrolle von allem ist weder gut noch vorteilhaft – Vertrauen ist viel besser und wertvoller!
  • Vermeidet ein „Wie du mir, so ich dir“ in Teams, das behindert die Etablierung einer Vertrauenskultur. 

Fazit: Vertrauen ist ein langwieriger und dauerhafter Prozess und eng verbunden mit der Unternehmenskultur. Eine aktive Gestaltung lohnt sich aber für alle Parteien, sowohl für Mitarbeiter und Führungskräfte, das Unternehmen an sich, als auch für Kunden und Partner. Beispiel gefällig? Dann schaut euch mal an, wie z. B. unser langjähriger Kunden congstar über unsere partnerschaftliche Zusammenarbeit denkt.